Alltag in Grünau Ende der 70er Jahre: Mit Gummistiefeln zur Kita, Foto: Anderson

Vier Jahr­zehn­te ist es her, als unse­re Kita gebaut wur­de. Damals hieß es noch "Kin­der­kom­bi­na­ti­on" – eine Sei­te des Gebäu­des für 90 Krip­pen­kin­der, die ande­re für 180 Kindergartenkinder.

Zwi­schen Schlamm und Pfützen

Die Grund­stein­le­gung für das Wohn­ge­biet Grün­au erfolg­te 1976, vor­her gab es hier nur das klei­ne Dorf Schön­au und Fel­der. In rasan­tem Tem­po ent­stan­den Wohn­häu­ser, Kitas und Schu­len usw. Unsere
Kita war 1979 bereits die 4. Kin­der­ein­rich­tung, die in Grün­au eröff­ne­te. Das Team führ­te die Fein­rei­ni­gung des Gebäu­des durch. Lei­der ging die Hei­zung nicht und damit stand kein Warm­was­ser zur Ver­fü­gung. Die Erzie­he­rin­nen koch­ten im Teerofen vor der Ein­rich­tung das Was­ser und tru­gen es ins Haus. Man kann sich sicher vor­stel­len, wie oft sie fri­sches Was­ser brauchten!
Die Gebäu­de wuch­sen schnell, das Umfeld – Wege, Stra­ßen, Frei­flä­chen usw. – konn­ten nicht mit­hal­ten. Für unse­re Kin­der, aber auch Eltern und Gäs­te war es span­nend zu hören, unter wel­chen Bedin­gun­gen das Leben in Grün­au zu die­ser Zeit ablief. Aber die Men­schen waren froh, eine Woh­nung mit Bad und Fern­wär­me zu bekom­men. Da nahm man so man­ches in Kauf. Ver­leg­te Bau­plat­ten waren die Fuß­we­ge, rund­her­um Schlamm und Pfüt­zen. Die Kin­der bade­ten in die­sen, klet­ter­ten auf Kabel­rol­len oder spiel­ten im Bau­sand. Nach dem Aus­stei­gen aus der Stra­ßen­bahn wur­den die Gum­mi­stie­fel ange­zo­gen und los ging es.

Gemein­sa­mes Anpacken

Der Gar­ten der Kita bestand aus einer Ladung Sand. Bäu­me, Büsche, Wege oder einen Zaun gab es nicht. Ver­lie­ßen die Kin­der die geleg­ten Plat­ten, blie­ben sie im Schlamm ste­cken. Da es immer wie­der pas­sier­te, lagen Bret­ter bereit, um zu den Kin­dern zu gelan­gen. Dann wur­den zuerst die Kin­der aus den Gum­mi­stie­feln gezo­gen und dann die Stie­fel aus dem Schlamm befreit. Erst 3 Jah­re spä­ter wur­den Wege ange­legt und Sand­käs­ten gebaut. Das Gras muss­te erst noch wach­sen. Der Son­nen­schutz ver­lang­te von Eltern und Team viel Krea­ti­vi­tät, Stoff­bah­nen muss­ten rei­chen. Ostern wur­den die Wei­den­zwei­ge ein­ge­pflanzt, Weihnachten
die Tan­nen­bäum­chen. Eine dama­li­ge Mut­ti erzählt, dass die Eltern Blu­men, Büsche u.ä. mitbrachten.
In der DDR hat­ten die Erzie­he­rin­nen einen Bil­dungs­plan, indem genau vor­ge­ge­ben war, was in wel­chem Alter zu wel­cher Zeit gelernt wer­den soll­te. Im Kin­der­gar­ten waren die Zie­le stark poli­tisch geprägt. Die Erzie­he­rin plan­te und orga­ni­sier­te täg­lich mit viel Mühe den Tages­ab­lauf für die Kinder.

Der Wan­del im Alltag

Im Lau­fe der Jah­re wur­den im Gar­ten Bäu­me gesetzt und es hat sich viel ver­än­dert. Heu­te ist unser Gelän­de schön grün und die Kin­der haben vie­le Spiel­mög­lich­kei­ten. Mit dem gesell­schaft­li­chen Wan­del hat sich auch in der päd­ago­gi­schen Arbeit viel ver­än­dert. Die Kin­der wer­den an der Gestal­tung des All­ta­ges betei­ligt, ihre Mei­nung ist gefragt und Beschlüs­se wer­den demo­kra­tisch gefasst. Die Kin­der ler­nen, aktiv zu wer­den, wenn es Pro­ble­me gibt und Lösungs­vor­schlä­ge zu entwickeln.
Auch die kul­tu­rel­le Viel­falt ist All­tag in unse­rer Kita. Die Kin­der ler­nen ande­re Kul­tu­ren und Lebens­wei­sen ken­nen, erle­ben Akzep­tanz und Tole­ranz sowie gegen­sei­ti­ge Rück­sicht­nah­me und Unter­stüt­zung. Wir möch­ten, dass unse­re Kin­der selbst­be­wusst wer­den, gut mit­ein­an­der umge­hen kön­nen, Ver­ant­wor­tung für sich und ande­re über­neh­men und auch bei Schwie­rig­kei­ten im Leben hand­lungs­fä­hig bleiben.

Unse­re Jubiläumswoche

Wir haben in den letz­ten Tagen viel gefei­ert! Die Kin­der durf­ten mit altem Spiel­zeug, wel­ches Eltern und Groß­el­tern mit­brach­ten, spie­len. Wir hat­ten eine Foto­aus­stel­lung, zu deren Eröff­nung sogar der MDR-Rundfunk
vor Ort war. Für die Fei­er­stun­de haben die Kin­der Kuchen geba­cken, von dem Kin­der und unse­re Gäs­te begeis­tert waren. Zum Wochen­ab­schluss wur­de es bunt in unse­rem Gar­ten. Unse­re Dol­met­sche­rin kam zu uns und brach­te tol­le glit­zern­de Trach­ten von kur­di­schen Kin­dern mit. Wir hör­ten kur­di­sche Musik, durf­ten die Trach­ten anzie­hen und tan­zen. Eine Kol­le­gin las rus­si­sche Mär­chen vor, erzähl­te dann in Deutsch den Inhalt. Der Tee aus dem Samo­war und das rus­si­sche Gebäck schmeck­ten beson­ders gut. Auch die alten Kreis- und Sin­ge­spie­le aus der Zeit der Eröff­nung fan­den bei den Kin­dern viel Anklang und begeis­ter­te vor allem unse­re Kleinsten.
Den Abschluss bil­de­te ein gro­ßes Fest mit den Kin­dern, Eltern, Fami­li­en, zu dem auch ehe­ma­li­ge Kin­der kamen und mitfeierten.

Der nächs­te Schritt 

Unser neu­es Ziel die Ent­wick­lung der Kita zum Kin­de­r­und Fami­li­en­zen­trum. Damit bie­ten sich noch mehr Mög­lich­kei­ten für den Aus­tausch mit den Eltern oder der Eltern unter­ein­an­der und für gemein­sa­me Akti­vi­tä­ten. Ich wün­sche uns für unse­re Arbeit in der Kita auch in den kom­men­den Jah­ren viel Kraft, Erfolg und Freu­de, zufrie­de­ne und glück­li­che Kin­der und Familien.

Petra Flei­scher
Lei­te­rin der „Ras­sel­ban­de“